Sonntag, 27. Februar 2011

Sachsens Regionen im europäischen Vergleich

Vergangene Woche hat Eurostat, die Statistikbehörde der Europäischen Union, eine Übersicht über die Wirtschaftskraft auf regionaler Ebene in Europa veröffentlicht. Hier können nicht nur die einzelnen Länder Europas verglichen werden, sondern auch kleinteiligere Regionen. Die zweite Vergleichsebene nach der Länderebene ist dann eine regionale Einteilung, die in Deutschland den Bundesländern entspricht. In der nächsten Einteilung werden dann noch einmal kleinteiligere Regionen betrachtet, die in Sachsen den Direktionsbezirken Dresden, Leipzig und Chemnitz entsprechen.

Für die Regionen wird bei Eurostat nicht einfach das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner verglichen, sondern ein Kaufkraftstandart pro Einwohner errechnet. Dieser Kaufkraftstandart (KKS) soll die unterschiedlichen Preisniveaus in den Region berücksichtigen. Dadurch wird nicht nur ein Euro-Wert der Wirtschaftskraft verglichen, sondern es wird berücksichtigt wie viel Kaufkraft ein Euro in einer Region letztlich besitzt. So kann in einer wirtschaftsstarken Region vielleicht mehr erwirtschaftet werden, aber wegen höheren Preisen, ist das Erwirtschaftete auch relativ weniger Wert. Anders herum ist ein Euro in einer Region mit niedrigem Preisniveau mehr Wert, da von einem Euro mehr gekauft werden kann.

Für Sachsen liegt dieser KKS im Jahr 2008 bei 21 500 pro Einwohner. Der Schnitt der Europäischen Union liegt bei 25 100 KKS pro Einwohner. Sachsen erreicht also nur 86 % des durchschnittlichen Wohlstandsniveaus in Europa. Die nächst kleinere Ebene betrachtet, kann man feststellen, dass der Bezirk Leipzig mit 89 % des Durchschnittsniveaus die stärkste Region in Sachsen ist. Gefolgt wird Leipzig von Dresden mit 87 % und Chemnitz mit 83 %. Insgesamt sind die Unterschiede also in der Entwicklung der Regionen Sachsens nicht sehr groß.

Anders wenn man Deutschland betrachtet: das Wohlstandsgefälle der Regionen ist groß.
Hamburg erreicht 188 % des Durchschnitts der EU, Oberbayern 162 %, Bremen 158 %, Frankfurt-Darmstadt 156 % und Stuttgart 139 %. Zurück liegen hauptsächlich Regionen in Ostdeutschland und eine Niedersächsische: Brandenburg Nordost: 75 %, Mecklenburg-Vorpommern 81 %, Chemnitz 83 %, Thüringen 84 % und Lüneburg 84 %.

Europaweit sind die Unterschiede noch weitaus größter: Inner London kommt auf 343 % des EU-Durchschnitts, Luxemburg auf 279 % und Brüssel auf 216 %. Auf den letzten 10 Plätzen liegen 5 bulgarische, 4 rumänische und 1 polnische Region. Severozapaden in Bulgarien etwa kommt nur auf 28 % des EU-Durchschnitts.

Kritikpunkte zum Vergleich gibt es natürlich allerhand. Besonders schwierig ist, sehr verschiedene Regionen Europas zu vergleichen. So sind in manchen Ländern einige Städte administrativ Eigenständig. Auch in Deutschland ist das so, daher werden die Städte Berlin, Hamburg und Bremen mit den flächenmäßig größeren Provinzen in Europa verglichen. Auf der nächst kleineren Ebene wieder gibt es nicht immer eine Einteilung in Direktionsbezirke wie in Sachsen. Außerdem sollten die verglichenen Regionen halbwegs eine ähnliche Einwohnerzahl haben, um vergleichbar zu sein. Die Folge ist, dass etwa Brandenburg in zwei statistische Regionen eingeteilt wird, die es so weder historisch noch administrativ gibt. Mecklenburg-Vorpommern wird aufgrund seiner geringen Bevölkerungszahl nicht noch einmal in kleinere Regionen unterteilt. So befinden sich am Ende das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, der Bezirk Dresden und administrativ Eigenständige Städte wie Hamburg, London oder Brüssel auf einer Vergleichsebene.

Samstag, 12. Februar 2011

Branchencluster in Sachsen

Branchencluster sind Netzwerke von Produzenten, Zulieferern, Dienstleistern und Forschungseinrichtungen, die in einer bestimmten Branche zusammenarbeiten und wirtschaften. Solche Netzwerke bilden sich in fortgeschrittenen Wirtschaften, da sie die Effizienz erhöhen, indem sie durch regionale Nähe die Zusammenarbeit erleichtern und Prozesse aufeinander abstimmen. Die Cluster sind damit Ausdruck einer Spezialisierung einer Region auf eine bestimmten Branche. Die vernetzten Firmen und Institutionen befruchten sich schließlich gegenseitig und prägen eine Wirtschaftsregion besonders stark. Internationale Beispiele für solche Cluster sind das Silicon Valley, die Automobilindustrie um Detroit oder die Softwareindustrie um Bangalore.

Auch in Deutschland gibt es eine Vielzahl von regionalen Branchenclustern. Sachsen hat die Entstehung der Cluster durch die so genannte Leuchtturm-Wirtschaftspolitik sehr stark gefördert. Europäische Fördergelder und Gelder des Bundes wurden verwendet um gezielt bestimmte Branchen in bestimmten Regionen anzusiedeln. Diese Politik soll aber nicht nur einzelne Großinvestitionen anlocken, sondern man erhofft sich im Zuge der Ansiedlung von Leuchttürmen viele Gründungen von Zulieferfirmen und Dienstleistungsunternehmen.

Die drei großen sächsischen Wirtschaftsstandorte Dresden, Leipzig und Chemnitz/Zwickau haben bei der Ansiedlung von Unternehmen und bei der Weiterentwicklung ihrer Wirtschaft ein jeweils eigenes Profil geschärft. So steht heute Dresden für Mikroelektronik, Leipzig für Logistik und Chemnitz für den Maschinenbau. Auffällig ist, dass alle drei Regionen durch Ansiedlung großer Automobilproduzenten eine weites Zuliefernetz in Sachsen etablieren konnten. Den Anfang machte VW mit seinem Werk in Mosel bei Zwickau und später dann mit der Gläsernen Manufaktur in Dresden und dem Motorenwerk in Chemnitz. In Leipzig baut Porsche und BMW Autos.

Die Autoindustrie hat einen besonders starke Wirkung auf die Entwicklung der mittelständischen Industrie in der Region, da die Werke von einer Vielzahl verschiedener Zulieferbetriebe beliefert werden. Der Chemnitzer Maschinenbau etwa hat wichtige Impulse aus der Automobilindustrie erhalten. Mittlerweile knüpft die Region Chemnitz an die ehemalige Stärke in dieser Branche wieder an. Unternehmen mit langer Tradition, wie Niles-Simmons, UNION Werkzeugmaschinen, Kieselstein und andere, sind heute wieder wichtige Treiber des wirtschaftlichen Wachstums.

Leipzig profiliert sich immer wieder durch große Ansiedlungen aus der Logistikbranche. Der Grund ist die günstige Lage Leipzigs und die gut ausgebaute Infrastruktur der Region. Leipzig liegt im mitteldeutschen Zentrum, von dem aus alle größeren Städte in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen schnell zu erreichen sind. Der Flughafen Halle/Leipzig ist der größte in dieser Region und veranlasste DHL durch die Möglichkeit von Nachtflügen eine großes Drehkreuzes zu errichten. Auch die Autobahnen sind in der Region gut ausgebaut - ein Grund für Amazon sich hier anzusiedeln. Die Automobilindustrie spielt auch in Leipzig eine positive Rolle für die Weiterentwicklung des Logistikstandorts. Zum Beispiel folgte auf die Ankündigung des Ausbaus des BMW-Werkes die Nachricht, dass DB Schenker ein neues Logistikzentrum mit 600 neuen Arbeitsplätzen in Leipzig errichtet, um die Autos und Ersatzteile von BMW nach China liefern zu können.

Dresden wiederum hat sich durch gezielte Förderung zum größten europäischen Cluster im Bereich der Mikroelektronik/Informations- und Kommunikationstechnologie entwickelt. Neben den großen der Branche, AMD, Infineon und Globalfoundries, haben sich viele Firmen angesiedelt oder wurden hier gegründet. Dabei profitiert Dresden von einer starken Forschungslandschaft, in der viele wissenschaftliche Institute und die TU Dresden miteinander vernetzt sind. Die Region nennt sich Silicon Saxony in Anspielung auf das kalifornische Cluster. Dresden hatte in der Wirtschaftskrise relativ stark zu leiden unter der Insolvenz des wichtigen Leuchtturms Qimonda, das zu Infineon gehörte. Mittlerweile hat sich die Branche aber wieder erholt und Globalfoundries etwa hat angekündigt sein Werk auszubauen und die Produktion zu verdoppeln.