Nach langem Ringen haben sich CDU, CSU und SPD auf einen
Koalitionsvertrag geeinigt. Die Pläne der Politik in der neuen
Legislaturperiode sind natürlich entscheidend für die weitere wirtschaftliche
Entwicklung Deutschlands und Sachsens. Auch wenn die Große Koalition noch nicht
steht, so wird sie schnell einen großen Teil ihrer Pläne umsetzen können, denn
die Übermacht ihrer Stimmrechte im Bundestag ist gigantisch. Insgesamt halte
ich die meisten Pläne für wirtschaftspolitisch falsch und sozialpolitisch wenig
zielführend. In dieser Reihe möchte ich einige Vorhaben betrachten und im
Hinblick auf die Folgen für die sächsische Wirtschaft kurz bewerten.
Mindestlohn:
Das wohl strittigste Thema war die Einführung eines
flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 € pro Stunde. Eine ausführliche
Diskussion des Für und Widers eines Mindestlohn würde hier den Rahmen sprengen.
Eine genaue Analyse der möglichen Effekte hat etwa das DIW (link)
geliefert. Die Meinung der meisten Volkswirte kann man wohl in etwa so zusammen
fassen: Es gibt zwar theoretische Argumente für einen Mindestlohn sofern er
nicht zu hoch angesetzt wird, aber die Wahrscheinlichkeit ist eben groß, dass
die Politik diesen zu hoch setzt (und 8,50 € ist wohl sehr hoch).
Was heißt in diesem Falle zu hoch? Ein Mindestlohn ist
natürlich ein zweischneidiges Schwert: er kann entweder Geringverdiener zum
eben definierten Mindestlohn verhelfen und damit für eine bestimmte Gruppe eine
Lohnsteigerung bedeuten (mit damit verbundenen geringeren Ausgaben für den
Staat für Aufstockungszahlungen) oder er kann Arbeitslosigkeit bedeuten. Wenn Lohnsteigerungen
eintreten, dann wird dies mit einem Anstieg der Preise einhergehen. Außerdem
bedeutet eine Erhöhung der Löhne ohne entsprechende Erhöhung der Produktivität
der Betriebe verstärkte Arbeitslosigkeit. Insgesamt wird ein Mindestlohn die
Nachfrage nach Arbeitskräften tendenziell sinken lassen: entweder Unternehmen
halten sich zurück mit Einstellungen, oder investieren erst gar nicht oder
verlagern ihre Produktion ins Ausland. Diese Reaktionen der Unternehmen sind
umso stärker je höher die Diskrepanz zischen Produktivität und staatlich
gesetzter Lohngrenze ist. Leider ist nun Sachsen ein Bundesland mit sehr
niedriger Produktivität, sogar mit der niedrigsten in ganz Deutschland. Ein
bundesweit flächendeckender Mindestlohn hätte also im Freistaat stark negative
Auswirkungen – während er z.B. in Bayern weniger Schaden anrichten dürfte. In
Süddeutschland sind die Unternehmen insgesamt produktiver und können daher auch
für einfache Tätigkeiten 8,50 € pro Stunde bezahlen.
Bei der Diskussion um einen Mindestlohn in Deutschland wird
oft unterstellt, dass die Unternehmen höhere Löhne zahlen können und dafür eben
einfach weniger Gewinn einfahren würden. Man stellt sich hier gerne einen Kuchen
vor, von dem die Arbeiter ein größeres Stück abhaben sollten. Es wird aber vergessen,
dass die meisten Unternehmen in Deutschland sehr klein sind und wenn sie keinen
Mindestlohn bezahlen können, dann gehen sie zwangsläufig insolvent. Der Handwerksbetrieb,
die Bäckerei von der Ecke und der Friseurladen sind auch Betriebe, deren Kosten
durch einnahmen gedeckt sein müssen. Die sächsische Wirtschaft ist geprägt von
eher kleinen Unternehmen und von Betrieben, die einfache Dienstleistungen
anbieten. Sie stehen einer – im bundesweiten Vergleich – nicht sehr kaufkräftigen
Kundschaft gegenüber. Insgesamt werden diese Betriebe bei einem Mindestlohn,
der von einem Bäcker in München ohne Probleme gezahlt werden kann, vor große
Probleme gestellt. Besonders wird das den ländlichen Raum treffen, zumal die
sowieso strukturschwachen Regionen (Erzgebirge, Görlitz-Zittau) auch noch in
Konkurrenz zu polnischen und tschechischen Regionen stehen. Bei einem hohen
Mindestlohn in Deutschland ist der Anreiz der Görlitzer mal eben über die
Grenze zum Haareschneiden zu fahren natürlich groß.
Was man besser machen sollte: Man sollte versuchen, die Produktivität zu
erhöhen, dann kann auch das Lohnniveau steigen. Wenn steigende Produktivität
schließlich zu höheren Löhnen, zu mehr Kaufkraft, zu mehr Beschäftigung führt,
dann ist auch den Schwächeren der Gesellschaft geholfen: das soziale
Versicherungssystem steht dann auf solideren Füßen. Natürlich ist es eine schwierige
Aufgabe, Produktivitätswachstum zu fördern. Aber der Staat könnte auch hier
viel machen: Investitionen in Bildung und Infrastruktur stehen dabei ganz oben
auf der Liste. Und zum Abschluss noch ein Vorschlag: Wenn man schon einen Mindestlohn
einführen will, dann sollte der nicht flächendeckend sein: Ostdeutschland
braucht hier eine andere Behandlung als Süddeutschland, auch wenn das manch einer
als unfair erachtet. Das Ziel sollte eine vernünftige Wirtschaftspolitik sein, die
Wachstum fördert, sodass in Sachsen in der Zukunft gleiche Löhne wie in Bayern
bezahlt werden können.
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