Samstag, 29. Januar 2011

Transformation in Mitteleuropa im Vergleich

Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs in Europa und dem Beitritt vieler ehemaliger Ostblock-Staaten zur Europäischen Union ist eine Region wieder zusammengerückt, die durch eine lange gemeinsame Geschichte gekennzeichnet ist: Mitteleuropa. Die Region hat keine festen Grenzen, aber umfasst grob die Länder der ehemaligen K.u.K.-Monarchie der Habsburger, insbesondere Österreich, Ungarn, Tschechien und die Slowakei, sowie Deutschland und Polen. Wie auch Ostdeutschland war Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn Teil des kommunistischen Wirtschaftssystems und mussten nach der Wende eine schmerzhafte Transformation zu einer Marktwirtschaft meistern.

Weil diese Länder eine ähnliche Erfahrung gemacht haben wie Sachsen, macht es Sinn den Freistaat mit dieser Region zu vergleichen. Ich habe mir die Mühe gemacht und einige Vergleichszahlen herausgesucht. Dabei ist zu beachten, dass die Länder unterschiedlichen Währungsräumen angehören und daher die Wachstumszahlen durch Währungseffekte etwas verzerrt sind.

Wir sehen, dass Sachsen und der Schnitt der Neuen Bundesländer vom Niveau her deutlich wirtschaftsstärker sind als die osteuropäischen Nachbarländer. Sachsen etwa erwirtschaftet pro Kopf doppelt so viel wie die Slowakei. Allerdings hat dich dieser Abstand bereits deutlich verringert. So waren die Sachsen 1995 noch etwa sechs mal so reich wie der durchschnittliche Slowake. Die Wachstumsraten in der zweiten Spalte sprechen eine deutliche Sprache. Während Sachsen und Ostdeutschland nur moderat wuchs und erst in den letzten Jahren etwas an Fahrt gewann, boomten Tschechien, Slowakei, Ungarn und Polen.

Besonders die Slowakei gilt als wirtschaftlich sehr erfolgreich und kann in dieser Liste das höchste Wirtschaftswachstum verbuchen. Doch hat das Land immer noch eine hohe Arbeitslosenquote. Als erfolgreichsten ehemaligen Ostblock-Staat könnte man die Tschechische Republik bezeichnen. Mit einem Wachstum von über 250 % seit 1995 erreicht Böhmen das höchste BIP pro Einwohner nach Ostdeutschland. Außerdem liegt die Arbeitslosenquote bei nur 7,3 %, weit unter dem ostdeutschen Durchschnitt. Der wirtschaftliche Erfolg Tschechiens und der Slowakei schlägt sich schließlich auch in der Entwicklung der Einwohnerzahlen nieder. Sie sind die einzigen Länder unter den untersuchten Regionen, die ein Bevölkerungswachstum seit 1995 erzielen konnten. Die Länder haben aufgrund ihres wirtschaftlichen Erfolges weniger Abwanderung.

Auch Polen und Ungarn können hohe Wachstumsraten verbuchen, doch bleiben die Länder noch arme Regionen. Ihre Arbeitslosenquote ist ähnlich der ostdeutschen und die Länder haben unter Abwanderung und niedriger Geburtenrate zu leiden. Trotzdem hat keine Region einen so starken Bevölkerungsverlust erlitten wie die Neuen Bundesländer in Deutschland. Um fast 9 % ist die Bevölkerung hier seit 1995 geschrumpft. Das ist nicht nur Ausdruck des im Vergleich zu den östlichen Nachbarn geringeren Wirtschaftswachstums, sondern hat auch mit der wirtschaftlichen und politischen Einheit mit Westdeutschland zu tun. Die Barrieren für Ostdeutsche im wirtschaftlich starken Westdeutschland zu arbeiten sind besonders niedrig, da die gleiche Sprache gesprochen wird und es einfacher ist innerhalb eines Landes umzuziehen als über Staatsgrenzen hinweg. Eine weitere Besonderheit für Sachsen und Ostdeutschland war die plötzliche Währungsunion mit Einführung der DM. Die ostdeutschen Betriebe hatten besonders in den 90er Jahren aber auch noch bis in die 2000er mit den Folgen der Währungsunion und den zu hohen Löhnen in Ostdeutschland zu kämpfen. Die anderen mitteleuropäischen Transformationsländer hatten dieses Problem nicht.

Montag, 24. Januar 2011

Bevölkerung Sachsens und seiner Städte

Sachsen hat auch 2010 wieder leicht an Bevölkerung verloren. Wobei sich der Bevölkerungsrückgang seit Jahren abschwächt. Im vergangenen Jahr gab es dabei einen Geburtenrekord - so viele Geburten wie letztes Jahr gab es zuletzt im Jahr 1990 - doch kann auch diese Anzahl nicht die Sterbefälle im Freistaat Sachsen ausgleichen. Zum 30.09.2010 hatte Sachsen 4 151 011 Einwohner, das sind -0,4 % im Vergleich zum Vorjahr.

Die einzigen Bevölkerungszuwächse konnten Dresden und Leipzig verbuchen. Dresden hat um 0,5 % auf 519 731 Einwohner zugelegt. Die Stadt an der Elbe hat sowohl einen positiven Wanderungssaldo als auch eine höhere Geburtenrate als Sterberate. Die Geburtenrate war letztes Jahr sogar höher als die von München, was Dresden zur Großstadt mit der höchsten Geburtenrate in Deutschland macht. Diese Faktoren führen dazu, dass Dresden in der aktuellen Statistik etwas mehr Einwohner hat als Leipzig und damit bevölkerungsreichste Stadt in Sachsen ist. Leipzig hat letztes Jahr um 0,2 % auf 519 664 Einwohner zugelegt. Leipzig wächst nur durch sein positives Wanderungssaldo - besonders durch den Zuzug von Studenten, die die Stadt im Vergleich zu den sächsischen Landkreisen besonders jung machen.

Chemnitz konnte seine Bevölkerung annähernd gleich halten. Mit 242 971 Einwohnern konnte sich die drittgrößte Stadt in Sachsen behaupten. Auch auf Chemnitz wirkt ein positives Wanderungssaldo, doch sterben viel mehr Menschen, als geboren werden. Dem Wachstum oder der Stabilität der Großstädte stehen die starken Bevölkerungsverluste der ländlichen Gegenden in Sachsen gegenüber. Die Menschen ziehen in die drei großen Städte oder wandern in andere Bundesländer ab. Die stärksten Verluste mussten 2010 die Landkreise Görlitz (-1,1 %), Mittelsachsen (-0,9 %) und Nordsachsen (-0,9 %) hinnehmen.

Welche Rolle spielt nun die Bevölkerungszahl für die Wirtschaft? Erstmal sind natürlich die Wanderungsbewebungen Ausdruck der wirtschaftlichen Attraktivität einer Region, denn die Menschen ziehen dahin, wo sie Arbeit finden und wo sie die besseren Zukunftschancen für sich sehen. Dabei kann eine gefährliche Abwärtsspirale entstehen, denn Bevölkerungsverlust schreckt Investitionen ab, die lieber in Wachstumsregionen ausgegeben werden. Die geringen Investitionen wiederum schwächen die ansässigen Unternehmen und dämpfen den Beschäftigungsaufbau. Der Mangel an Arbeitsplätzen ist wieder ein Grund für weitere Abwanderung.

Ein weiteres Argument für eine "große" Bevölkerung ist die Nutzung von Economics of Scales, also Vorteile durch Größe. Durch schiere Größe werden die Stückkosten gesenkt, so kann ein Unternehmen, das eine hohe Stückzahl produziert kostengünstiger wirtschaften als kleine Unternehmen, da es seine Fixkosten auf eine größere Anzahl an Gütern umlegen kann. Genauso lohnt sich der Vertrieb von Produkten umso stärker, je bevölkerungsreicher eine Region ist, denn die Kosten für Lagerung, Service etc. können auf eine größere Kundenzahl umgelegt werden. Dies ist eine grundlegende Begründung für die wirtschaftliche Attraktivität von Großstädten, denn hier können viele Menschen/Kunden auf engem Raum erreicht werden.

Mittwoch, 12. Januar 2011

Wirtschaftsaussichten im neuen Jahr

Im neuen Jahr liegt die erste Schätzung für das Wirtschaftswachstum Deutschlands im zurückliegenden Jahr 2010 vor. Eine Rate von 3,6 % beim Wachstum des Bruttoinlandsprodukts lässt alle jubeln und verspricht ein schnelles Erreichen des Produktionsniveaus vor der Krise. Auch die Aussichten für das angefangene Jahr 2011 sind hervorragend. Die Industrie hat volle Auftragsbücher, eine sinkende Arbeitslosenzahl lässt auf Wachstum des Konsums hoffen und das Investitionsklima ist weiterhin gut. Die größten Gefahren für den anhaltenden Aufschwung der deutschen Wirtschaft sind jedoch eine instabile Situation im Euroraum und Sparzwänge des Staates in folge der hohen Verschuldung. Trotzdem steht Deutschland unter den großen Industriestaaten heute so wirtschaftlich gesund da wie schon lange nicht mehr.

Wie steht nun Sachsen im neuen Jahr da? Regionalisierte Wachstumsdaten für die deutschen Bundesländer stehen noch nicht zur Verfügung, aber wahrscheinlich wird Sachsen mit einer etwas unterdurchschnittlichen Rate wachsen. Die exportorientierte Industrie hat in 2010 am meisten aufgeholt und daher werden Länder wie Baden-Württemberg, Bayern und Hamburg stark gewachsen sein. Sachsen hat eine geringere Exportquote als diese Länder und wird daher etwas weniger von dem Aufschwung profitieren. Trotzdem ziehen die Investitionen der Unternehmen Sachsen hoch. Der Freistaat profitiert etwas verzögert von dem Boom der besonders Süddeutschland erfasst. Nach hohen Auftragseingängen der dort ansässigen Großkonzerne können die auch ihre Produktion in den sächsischen Fabriken ausweiten und damit die regionale mittelständische Wirtschaft stimulieren.

Auch der Arbeitsmarkt in Sachsen zeigt sich aktuell robust, auch wenn im Dezember 2010 die Arbeitslosigkeit durch den frühen Wintereinbruch leicht auf 11,1 % gestiegen ist. Dieser Wert liegt im ostdeutschen Mittel (11,2 %), aber immer noch deutlich über dem gesamtdeutschen Wert von 7,2 %. In der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und im Beschäftigungsaufbau macht besonders Leipzig große Fortschritte. Leipzigs Arbeitslosenquote liegt aktuell bei 12,9 %, weiter hin höher als die von Chemnitz oder Dresden, aber deutlich reduziert im Vergleich zu den sehr hohen Zahlen noch vor einem Jahr (15,1 %, eine Reduktion um 2,2 %). Dresden wird wohl im Jahr 2010 stark gewachsen sein und mit an der Spitze der Wirtschaftsentwicklung stehen. Dresdens Arbeitslosenquote hat sich in einem Jahr von 11,6 % auf 10,5 % verbessert (Reduktion um 1,1 %). Auch Chemnitz gelingt ein Abbau der Arbeitslosigkeit von 13,3 % auf heute 11,5 % (Reduktion um 1,8 %).

Wirtschaftlich weiterhin stark ist in Sachsen die Region Freiberg/Mittelsachsen. Die Bergstadt hat im vergangenen Jahr mit der Ansiedlung des nationalen Rohstoffinstitutes, das die Rohstoffbeschaffung Deutschlands sichern soll, aufsehen erregt. Die Region hat mit 9,7 % die niedrigste Arbeitslosenquote in Sachsen. Als Sorgenkind unter den ländlichen Regionen kristallisiert sich das Grenzgebiet zu Polen heraus. Der Landkreis Görlitz hat mit 14 % die höchste Arbeitslosenquote in Sachsen.

Alles in allem stellt sich aber eine robuste Ausgangslage für das neue Jahr dar. Sachsen große Städte Dresden, Leipzig, Chemnitz und Freiberg werden in diesem Jahr die Zugpferde der Entwicklung sein. Die niedrigen Lohnstückkosten in Sachsen helfen seit einigen Jahren die hohe Arbeitslosigkeit abzubauen und diese Entwicklung wird sich auch dieses Jahr fortsetzen.