Hiermit setzte ich nun die Serie über die Innenstadtentwicklung der sächsischen Städte fort. Den ersten Teil der Serie hatte ich bereits über Dresden verfasst (Link). Heute soll es um Leipzig und seine innerstädtische Entwicklung gehen. Die alte Messestadt ist geprägt durch die zahlreiche Handelshöfe und Passagen, die früher als Messehäuser oder Handelshäuser errichtet wurden. Die erste Form, der so genannte Durchhof, entstand, um die Waren schnell von einer Straße in eine andere Straße transportieren zu können. Im 19. Jahrhundert schließlich kamen die Messehäuser auf. Das waren große Handelshäuser in denen die Leipziger Messen abgehalten wurden.
Was in Chemnitz produziert wird, wird in Leipzig gehandelt und in Dresden verprasst. Dieser Spruch aus dem 19. Jahrhundert charakterisiert die drei Städte als Industriestadt, Handelsstadt und politisches Zentrum. Entsprechend ist die Leipziger Innenstadt von den erhaltenen Messebetrieben geprägt. Besonders auf dem Höhepunkt des Leipziger Messestandorts - vor dem ersten Weltkrieg - entstanden viele massive Bauten im Stile der damaligen Zeit. 1910 war Leipzig auf dem Zenit seines Rufs als Handelsmetropole und hatte fast 600.000 Einwohner, genauso viele wie München, und war nach Berlin, Hamburg und München die viert größte Stadt im Deutschen Reich. Deshalb gibt es in Leipzig auch so ausgedehnte Gründerzeitwohngebiete aus der damaligen Zeit.
Doch die Leipziger Wirtschaft hatte stark unter der Inflationszeit nach dem Krieg zu leiden. Schließlich spaltete sich Europa in immer autarkere Wirtschaftseinheiten und der Außenhandel, die Grundlage für viele Messegeschäfte, war stark reduziert. Der endgültige Niedergang der Wirtschaft in Leipzig hatte mit der Machtübernahme der Nazis in Deutschland begonnen. Handel und Messen verloren stark an Bedeutung, da das Wirtschaftswachstum hauptsächlich durch Rüstungsproduktion in der Industrie getrieben wurde. Schließlich waren viele der Händler und Messeveranstalter in Leipzig Juden, die durch die Nazis enteignet, vertrieben bzw. getötet wurden. So war bereits zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wenig vom ehemaligen Glanz der deutsch-jüdischen Handelstradition in Leipzig geblieben.
Nach der Wende verloren die Messehäuser ihre eigentliche Funktion, da in den 90er Jahren vor den Toren der Stadt das riesige neue Messegelände entstand. Bis heute wurden die meisten der Passagen restauriert und machen Leipzig mir ihren Geschäften zu einem interessanten Einzelhandelsstandort. Für Touristen hat die Mädler-Passage über Leipzig hinaus Bedeutung, da hier Auerbachs Keller ist, in dem der damalige Leipziger Student Goethe seinen Faust und Mephisto auftreten ließ.
Hier eine Übersicht über die wichtigsten Höfe und Passagen:
Königshaus (1707) - Link
Barthels Hof (1750) - Link
Handwerkerpassage (1846) - Link
Städtisches Kaufhaus (1901) - Link
Oelßner Hof (1908, heute noch unsaniert) - Link
Specks Hof (1909) - Link
Handelshof (1909) - Link
Kretschmanns Hof (1912) - Link
Mädlerpassage (1912) - Link
Zentral-Messepalast (1914) - Link
Jägerhof (1920) - Link
Messehof (1950) - Link
Das größte Bauprojekt zurzeit sind die Höfe am Brühl, ein riesiges Einkaufscenter in moderner Architektur. Damit wird eine große Brachfläche der Innenstadt geschlossen und die Einkaufstadt Leipzig um einen weiteren "Hof" erweitert. Bedeutend ist dieses Projekt nicht nur wegen seiner großen Fläche, sondern weil es ein moderner Handelshof ist, der die Tradition der Leipziger Handelsmetropole fortführt. In der Nähe des Hauptbahnhofs gelegen, wird hier der so genannte Brühl komplettiert. Der Brühl war einst die Hauptschlagader der Messestadt. Der Brühl galt seiner Zeit als die Weltstraße der Pelze. 1913 wurde ein drittel aller weltweit erstellten Felle über Leipzig gehandelt. Auf dem Höhepunkt beherbergte der Brühl 794 Pelzgeschäfte. In einem Haus alleine waren es sogar 34. Am Brühl, der Nikoleistraße und in der Umgebung finden sich auch heute noch die meisten der sanierten Handelshäuser. Der Brühl selber jedoch wurde im Zweiten Weltkrieg völlig zerstört und die Pelzhändler zogen nach Frankfurt am Main. Die neuen Höfe am Brühl sollen diese Narbe schließen und den Ausbau Leipzigs zur Dienstleistungs- und Handelsmetropole fortführen.
Wir sind im April in ein Gebäude gegenüber der Baustelle gezogen - mit super Blick aus dem 3. Stock. Seit Mitte April zeigen wir (fast) täglich neue Fotos von der Baustelle.
AntwortenLöschenViele Grüße
Thomas
PS: hier: http://bruehl-leipzig.de